Saatkrähen
in Bad SalzuflenBei der Saatkrähe (corvus frugilegus) handelt es sich wie bei allen Krähenverwandten um einen Singvogel. Wenn gleich sie vor allem mit Krächzlauten in Verbindung gebracht wird, ist die Saatkrähe tatsächlich stimmgewaltig und ihre Rufe sind sehr individuell. Einfach zu unterscheiden von den rein schwarzen Rabenkrähen ist die Saatkrähe durch die unbefiederte grauweiße Hautpartie am Schnabelgrund. Wie alle Krähenarten ist die Saatkrähe ein „Allesfresser“ wobei der pflanzliche Anteil überwiegt, nur die Jungvögel werden hauptsächlich mit tierischer Nahrung versorgt.
Saatkrähen haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten und nisten in Kolonien. Koloniestandorte im städt. Siedlungsgebiet sind vor allem Parks und Friedhöfe, aber auch Grünstreifen entlang viel befahrener Straßen. Die Saatkrähe brütet einmal im Jahr. I.d.R. sind die Brutplätze ab Ende Februar besetzt, der Nestbau und die Brutzeit beginnt dann im März und endet im Mai. Außerhalb der Brutzeit halten sich die Vögel weitestgehend in der freien Landschaft auf und gehen dort auf Nahrungssuche.
Die Saatkrähe ist nach der EU-Vogelschutzrichtlinie und dem Bundesnaturschutz als besonders geschützte Art eingestuft. Eine Störung der Brutplätze oder die Entfernung von Nestern ist gesetzlich verboten. Ausnahmen von den Verbotstatbeständen müssen daher vorab von der zuständigen unteren Naturschutzbehörde auf Antrag genehmigt werden. Eine Ausnahme wird dabei in der Regel nur bei eindeutiger Gefährdung der menschlichen Gesundheit erteilt. Anders als die Rabenkrähe unterliegt die Saatkrähe nicht dem Jagdrecht.
Weshalb gibt es in Bad Salzuflen so viele Saatkrähen?
In der Landwirtschaft gilt die Saatkrähe als Ernteschädling, da die Vögel auf den Feldern in großen Schwärmen Nahrung wie Getreidekörner, Früchte und Jungpflanzen suchen. In der Vergangenheit wurde die Saatkrähe daher bejagt und so aus dem ländlichen Raum vertrieben. Die intelligenten Vögel haben schnell erkannt, dass sie im städt. Siedlungsbereich sicherer sind. Gerade in den Wintermonaten sind auch die Nahrungsmöglichkeiten im Siedlungsbereich eine willkommene Erweiterung des Speiseplans der Tiere. Zusätzlich zur aktiven Vertreibung der Tiere haben agrarwirtschaftliche Veränderungen wie der Rückgang von Dauergrünland zu einer Verknappung der bevorzugten Nahrungsflächen geführt. Das Zusammenwirken aller Faktoren hat daher in den letzten Jahren zu einer verstärken Verlagerung der Brutkolonien von der offenen Landschaft in den Siedlungsbereich geführt. Auch in anderen Bereichen in Ostwestfalen-Lippe ist die Saatkrähe verbreitet, sodass die Vögel in größerer Zahl auch in anderen Kommunen zu finden sind.
Was unternimmt die Stadt Bad Salzuflen zum Thema Saatkrähen?
Da die Saatkrähe als besonders geschützte Art eingestuft ist, müssen sämtliche Vergrämungsmaßnahmen von der unteren Naturschutzbehörde des Kreises Lippe genehmigt werden. In besonders sensiblen Bereichen wie Kindergärten und Außengastronomie werden daher Maßnahmen wie Nestentnahmen und Baumrückschnitte bei der unteren Naturschutzbehörde von der Stadt beantragt. Der Kreis Lippe entscheidet dann über Ausnahmen vom Schutzstatus der Saatkrähen in den betroffenen Bereichen. Kleinräumig kann es daher zu einer Verlagerung der Problematik kommen, eine dauerhafte Lösung ist aber durch die Vergrämungsmaßnahmen nicht möglich. Wichtig ist dabei auch, dass die Maßnahmen langfristig und kontinuierlich durchgeführt werden, eine Erfolgsgarantie für die Maßnahmen gibt es jedoch nicht. Es ist daher langfristig sinnvoller auf Vermeidungsmaßnahmen während der Brutzeit wie das Aufstellen von Überdachung und Nutzungseinschränkungen zu setzen.
Seit dem Jahr 2023 werden die Brutplätze der Saatkrähe im Stadtgebiet jährlich von einem Experten des Büros Hamann & Schulte aus Gelsenkirchen begutachtet. Dabei wird während der Brutzeit die Anzahl der Kolonien und Nester erfasst. Weiterhin werden neue Brutplätze im Stadtgebiet ermittelt. An jedem Koloniestandort wird das Konfliktpotenzial im Hinblick auf eine Gesundheitsgefährdung bewertet und die Auswirkungen der letztjährigen Vergrämungsmaßnahmen werden überprüft. Außerdem werden fachlich sinnvolle an den Standort angepasste Vermeidungs- und Vergrämungsmaßnahmen empfohlen. Über die Ergebnisse der Erfassung wird jährlich der zuständige Fachausschuss informiert, ebenfalls sind die Ergebnisse auf dieser Website nachzulesen.
Ergebnisse der gutachterlichen Erfassung im Jahr 2023
Im Jahr 2023 wurden insgesamt 12 Kolonieverbünde mit 23 Koloniestandorten im Stadtgebiet erfasst. Dabei wurden zusammengefasst 337 Nestern ermittelt. Die größten Kolonieverbünde befinden sich dabei im Bereich Kirchplatz Schötmar, East-Yorkshire-Park, Ziegelstraße und Bahnhof/Hermannstraße. Nach der Ermittlung der Nester und Kolonien wurden die 23 Koloniestandorte im Hinblick auf eine Gesundheitsgefährdung stufenweise bewertet. Die meisten Koloniestandorte wurden dabei in die Stufe 1 „Kein Handlungsbedarf“ eingeordnet. Insgesamt 6 Standorte wurden der Stufe 2 „Handlungsbedarf unter bestimmten Voraussetzungen“ zugeordnet. 1 Standort wurde in der Stufe 3 mit „Grundsätzlicher Handlungsbedarf“ eingeordnet. Nach Auswertung der Ergebnisse hat die Stadt Bad Salzuflen im Frühjahr 2024 an dem Standort der Stufe 3 und an einem Standort der Stufe 2 genehmigte Vergrämungsmaßnahmen durch.
Ergebnisse der gutachterlichen Erfassung im Jahr 2024
Im Jahr 2024 verteilte sich das Saatkrähenvorkommen im Stadtgebiet auf etwa größere und kleinere 12 Kolonien. Dabei wurden zusammengefasst 342 intakte Nestern gezählt. Die Zahl der tatsächlich zu Brut genutzten Nester liegt vermutlich knapp darunter. In den Bereichen Kirchplatz Schötmar, East-Yorkshire-Park, Ziegelstraße und Bahnhof/Hermannstraße befinden sich die größten Ansiedelungen. Nach der Bestandserfassung wurden die Kolonien anhand der menschlichen Nutzung am jeweiligen Standort in 20 Teilkolonien unterteilt, die dann einzeln im Hinblick auf eine Gesundheitsgefährdung stufenweise bewertet wurden.
Welche Maßnahmen können Bürgerinnen und Bürger ergreifen, um Beeinträchtigung durch die Saatkrähe so gering wie möglich zu halten?
Leider ist in der Nähe der Brutkolonien vor allem während der Aufzucht der Jungvögel zwischen März und Mai mit Beeinträchtigungen durch Schmutz (Kot/Nestteile) und Lärm zu rechnen. Häufig genutzte Außenbereiche können mit Überdachungen oder Sonnensegeln vor Schmutz geschützt werden. Parkplätze unter den betroffenen Bäumen sollten aufgrund des Schmutzes nur kurzzeitig genutzt werden. Die Stadt Bad Salzuflen bittet die Bürgerinnen und Bürger um Verständnis, dass aufgrund der strengen artenschutzrechtlichen Bestimmungen aber auch aus ökologischen und praktischen Gründen keine dauerhafte Vergrämung der Saatkrähe aus dem städtischen Siedlungsgebiet möglich ist. Erfahrungen aus anderen deutschen Städten zeigen, dass übermäßige Vergrämung oft wirkungslos oder sogar kontraproduktiv ist, da diese zumeist nur zu einer Aufsplitterung der ursprünglichen Kolonien in kleinere neue Kolonien in der Umgebung führt. Die Saatkrähe kann für viele Beobachtenden aber auch eine faszinierende Art darstellen, welche vor allem durch ihre Intelligenz, die Gruppendynamiken und die intensive Brutpflege höchst interessant zu beobachten ist.